Das größte forstweglose Tal Mitteleuropas 1.4.2022

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Am nächsten Morgen holt mich der 35- jährige Dr. Martin Mikoláš an der Pension ab und wir fahren zum Eingang des Jalowecka Tals. Hier beginnt ein ganz besonderes Stück Wildnis: 1958 wurde die in die Täler Jalowecka und Bobrowecka führende Forststrasse bei einem Unwetter fortgespült und seitdem nicht erneuert. Daher konnte sich hier seit nunmehr 64 Jahren der Wald auf etwa 9 Kilometer Länge und wenigstens 5000 Hektar Fläche ungestört entwickeln. Obwohl das Tal im Tatra Nationalpark liegt, ist es nicht sicher, dass das so bleibt. 2014  wütete hier win Sturm und die Eigentümergemeinschaft, der der Wald gehört, wollte den Weg erneuern, aufräumen und wieder Forstwirtschaft betreiben, obwohl ihr eine Million Euro als Entschädigung für den entgangenen Holzerlös vom Staat angeboten worden waren. Vor allem dem Einsatz von Erik Balaz, den ich ja gestern kennen gelernt hatte, ist es zu verdanken, dass es bisher nicht so weit gekommen ist. Allerdings wollen die Eigentümer offenbar bis vor den Europäischen Gerichtshof ziehen um ihr vermeintliches Recht einzuklagen.

Wir folgen zunächst ein Stück dem Tal, bis wir sehr steil durch Wald aus Fichten, Weißtannen, einigen Kiefern und Buchen aufsteigen.

Dabei beobachten wir ein Haselhuhn auf dem Waldboden und sehen ein auffliegendes Auerhuhn.

Schließlich erreichen wir im strömenden Regen ein großes Mikado aus vom Sturm gefällten Fichten. Etliche alte Tannen sind aber stehen geblieben und an vielen Stellen haben sich weitere Baumarten etabliert. So entsteht aus einer ehemaligen Fichtenmonokultur ein neuer, vielfältigerer Wald.

Während wir schließlich wieder steil ins Tal absteigen, erzählt mir Martin etwas von sepLeidenschaft für den Wald: „ Ich habe in meiner Bachelorarbeit die Auerhühner der Karpaten erforscht. Mehr als 120 Nächte habe ich dabei draußen verbracht und war in einigen der wildesten Gegenden hier und in Rumänien. Der Auerhahn ist für mich das perfekte Symbol für die Karpatenwälder, da er nur in ziemlich natürlichen, strukturreichen Wäldern leben kann.  Aufgrund der extremen Zunahme der Kahlschläge ist seine Zahl allein in der Slowakei in lediglich 10 Jahren um 40 % zurück gegangen.  In der niedrigen Tatra wurden 7000 Hektar alter Wald zerstört. Noch gibt es dort zwar Auerwild, aber es ist nur eine Frage der Zeit, bis sie dort aussterben.“ „Und wie ging es für dich nach dem Bachelor weiter?“ hake ich nach? „ Die Zerstörung, die ich überall gesehen habe, hat mich immer wütender gemacht. Ich arbeite jetzt im Remote Forests Projekt, in dem unter anderem die Urwälder der Karpaten erforscht werden und hoffe damit zu ihrem Schutz beizutragen. Einen Erfolg hatte ich dabei schon: Das fantastische Boia Mica Tal in Rumänien wo du ja auch noch hin willst, hat nicht zuletzt durch unsere Forschung viel Aufmerksamkeit bekommen und steht seit dem letzten Jahr endlich unter Schutz!“

Toll, wie sich Martin so für den Wald einsetzt!

Nachdem wir uns durch Regen und Schnee gekämpft haben, essen wir noch etwas zusammen und dann bringt mich Martin, der noch viel zu tun hat, nach Liptovsky Mikulaš zurück.


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