Der naturnahe Wald

Teile mit anderen:

Wie sieht ein naturnaher Wald aus, mit möglichst positiven Wirkungen auf Klima und Biodiversität?

 Das ist die Kernfrage im “Waldbegeisterung-Projekt”. Durch die Besuche bei den verschiedensten Forstbetrieben, die sich hiermit beschäftigen, werde ich im Laufe der Wanderung durch Deutschland versuchen, Antworten auf diese Frage zu finden. Allerdings stehen etliche Kriterien fest, die ich kurz aufführen möchte. Natürlich werde ich in vielen Blogbeiträgen ausführlicher auf die einzelnen Punkte eingehen: 

1. Bunt gemischt

In einem gemischten Wald verteilt sich das Risiko von Krankheiten, Windwurf, etc. Das heißt, wenn eine Baumart beispielsweise durch einen Insektenangriff ausfällt, können andere ihren Platz einnehmen. Allerdings sind die Buchenwälder bei uns von Natur aus sehr wenig gemischt und sollten daher auch nicht künstlich mit anderen Baumarten angereichert werden.

Laubmischwald

2. Vielfältig strukturiert

Ein Wald aus Bäumen verschiedenen Alters und unterschiedlichen Höhen ist zum Beispiel stabiler gegen Stürme und schafft ein besonders positives Kleinklima, dass ihn weniger anfällig gegen Dürren macht.

3. Überwiegend aus einheimischen Baumarten bestehend

Klimatische Extreme wie die derzeitige Dürre hat es schon immer mal bei uns gegeben. Auch wenn beispielsweise unsere Buchen und Eichen leiden, kann man doch davon ausgehen, dass sie angepasst genug sind, solche Phasen zu überstehen. Von ursprünglich nicht einheimischen Baumarten weiß man viel zu wenig um auf sie zu setzen. Nichts desto trotz ist eine kleine Beimischung, beispielsweise von Douglasien durchaus sinnvoll. Manche “exotischen” Baumarten die das Potenzial haben, unsere heimischen Bäume langfristig zu verdrängen, wie die Küstentanne, sollten dagegen gar nicht angepflanzt werden!

Buchenwald mit Lärchen und Douglasien

4. Möglichst vorratsreich

Grundsätzlich gilt, je mehr Holz auf einer Fläche steht (Vorrat), desto mehr klimaschädliches Kohlendioxid wird gespeichert. Um den Vorrat aufzubauen, müssen die Wälder älter werden, und es sollte weniger Holz eingeschlagen werden.

5. Bodenschonende Bewirtschaftung

Die Bedeutung gesunder Böden für den Wald wird vielfach vernachlässigt, dabei stellt der Bodenschutz wohl das größte Manko in vielen Forstbetrieben dar. Zwar ist eine gewisse Befahrung bei der Holzernte unumgänglich, aber das derzeitige Ausmaß,  mit Rückegassen auf denen sich die Maschinen bewegen, im Abstand von lediglich 20 Metern muss unbedingt beschränkt werden!

Rückegasse

6. Vorrang von Naturverjüngung

Junge Bäume die aus Samen an Ort und Stelle keimen, entwickeln ein üppigeres Wurzelwerk als gepflanzte, und sind daher langfristig stabiler gegen Stürme und Dürren. Es gibt aber etliche Situationen in denen das Pflanzen unumgänglich ist. Dann sollten aber stets nur kleine “Trupps” als Initialzündung gepflanzt werden und nicht ganze Flächen, wie das vielfach noch üblich ist. 

Naturverjüngung

7. Vermeidung von Freilagen

Kahlschläge, bei denen ganze Waldbereiche eingeschlagen werden, gibt es in Deutschland schon seit über 30 Jahren kaum noch. Allerdings werden riesige Flächen nach Stürmen, oder aktuell während der Borkenkäferkalamität, von sämtlichem Holz geräumt. Dadurch wird eine Art steppenähnliches Kleinklima geschaffen, was es der nächsten Waldgeneration schwer macht. Belässt man dagegen die abgestorbenen Bäume, deren Holz meist ohnehin kaum noch etwas wert ist, können diese durch Beschattung, Windberuhigung und Wasserspeicherung die Startbedingungen für den neuen Wald ein wenig verbessern.

Abgestorbene Fichten stehen lassen

8. Belassen von Totholz und alten Bäumen

Zahlreiche Bewohner des Waldes, vom Schwarzspecht über den Hirschkäfer bis zu den Baumpilzen, um nur einige zu nennen, sind auf absterbende und tote Bäume angewiesen. Um die biologische Vielfalt zu erhalten, muss daher Totholz in ausreichendem Umfang im Wald verbleiben. Im bewirtschafteten Wald erreichen die Bäume in der Regel nur die Hälfte ihres potenziell möglichen Alters. Viele Organismen sind aber gerade auf sehr alte Bäume angewiesen. Um diese zu unterstützen, sollten auch im Wirtschaftswald einige Bäume ihr natürliches Alter erreichen dürfen. 

Totholz

9. Keine Bewirtschaftung in Teilbereichen

Auch ein noch so naturnah bewirtschafteter Wald kann verschiedene Eigenschaften eines Urwalds nicht aufweisen. So sind gewisse Beeinträchtigungen durch die Befahrung mit Maschinen im Wirtschaftswald unvermeidlich, die Bäume werden geerntet bevor Fäulnis einsetzt, es gibt viel weniger Totholz u.s.w.

Daher sollten überall Teile des Waldes im Umfang von etwa 10 % gar nicht mehr genutzt werden. In Verbindung mit Punkt 8 kann es so gelingen, auch sehr spezialisierte und empfindliche Waldarten zu erhalten.

Urwald von morgen

Diese Aufzählung enthält natürlich nur die wichtigsten Kriterien. Wie oben geschrieben, werde ich Details und Erweiterungen in den Blogbeiträgen aufführen. 


Teile mit anderen: