31.3.2021 Tag 32 Unterwegs mit Klaus Borger, einem Pionier der naturnahen Waldbewirtschaftung

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In Reidelbach werde ich schließlich von Tino Hans, dem örtlichen Förster und Geschäftsführer der FBG Saar-Hochwald sehr freundlich aufgenommen und seine Frau Carolin zaubert mir sogar 6 Spiegeleier von eigenen, freilaufenden Hühnern auf den Tisch. Welch Wohltat für einen hungrigen Wanderer! Anschließend bringt mich Tino zu einer Waldhütte von SaarForst, wo ich übernachten darf. Am Brunnen kann ich mich dann am nächsten Morgen sogar ausgiebig waschen…

Schließlich holt Tino mich ab und zurück in Reidelbach treffe ich Klaus Borger, ein Urgestein der saarländischen, naturnahen Waldwirtschaft, mit dem ich dann den ganzen Tag wandere. 

Klaus hat in Freiburg Forstwissenschaft studiert, seine dort erworbenen Kenntnisse dann aber noch in Slowenien und der Schweiz um Wissen zu einer besonders naturnahen Waldwirtschaft erweitert. Er war dann in herausgehobener Stellung in der saarländischen Forstwirtschaft und konnte schließlich in zweieinhalb Jahren als für den Wald zuständiger Staatssekretär viel bewegen. Schon 1989 wurde  die Forstbetriebsgemeinschaft Saar- Hochwald gegründet, die eine besonders naturverträgliche Bewirtschaftung in ihrem verbindlichen Waldkodex vorschreibt. 340 Mitglieder arbeiten so auf etwa 4000 Hektar. Immer wieder gibt die FBG sehr gut geschriebene Broschüren zu verschiedenen Themen der Waldbewirtschaftung heraus, die man hervorragend zur Orientierung verwenden kann, will man seinen eigenen Wald ebenfalls naturnah bewirtschaften. 

Unsere Route folgt teilweise dem auch hier wunderschönen Saar- Hunsrück Steig, oft kürzen wir aber auch querwaldein ab. Freilagen nach „Abräumen“ von Kalamitätsholz sind für Klaus der größte Albtraum im Wald und er zeigt mir Beispiele, wo auch nach 10 Jahren nur Adlerfarn und Ginster auf solchen Flächen wachsen. 

Besonders eindrucksvoll ist das Wahnbachtal mit uralten, offenbar autochthonen Weißtannen. Glücklicherweise wird dieses Naturschutzgebiet auf 140 Hektar nicht mehr bewirtschaftet, da es eine besondere Perle am Saar- Hunsrück Steig darstellt. Laut Klaus wäre eine Erweiterung um das Doppelte, mit ähnlich natürlichen Waldbeständen möglich und wünschenswert. 

Bei der Durrchquerung einer Senke holen wir uns trotz sehr warmem Kaiserwetter nasse Füße, die dann aber schnell wieder trocknen. Klaus hat für 14 Uhr einen Medientermin angesetzt, daher müssen wir uns irgendwann ziemlich beeilen. Teilweise auf der Straße passieren wir Weiskirchen und Losheim und erreichen schließlich das Waldgut Jungenwald, wo wir mit dem Saarländischen Rundfunk einen Beitrag drehen und ich der Saarbrücker Zeitung ein Interview gebe. 

Anschließend zeigt mir Klaus noch den von ihm besonders intensiv betreuten , 140 Hektar großen Jungenwald. Vor 25 Jahren gab es dort fast ausschließlich dunkle und dichte Nadelwaldbestände aus Fichten und Douglasien, die sich heute als artenreicher Mischwald mit vielen Baumarten darstellen. Mit einem Landesörderprogramm wurden 1000 dicke Bäume aus der Nutzung genommen, und dürfen so markiert und mit GPS eingemessen ihr natürliches Alter erreichen. Die verbliebenen Laubwaldaltbestände wurden auf etwa 4 Hektar komplett aus der Nutzung genommen. Vor allem setzt Klaus auf Naturverjüngung, ergänzt diese aber auch durch Pflanzungen in zwei zeitlich getrennten Abschnitten von jeweils maximal 500 Pflanzen pro Hektar. Dabei werden ausschließlich einheimische Baumarten wie Buchen, Ahorne, Hainbuchen, Winterlinden und Weißtannen verwendet. So ist ein sehr eindrucksvoller Mischwald aus verschiedenen Schichten entstanden. Zu Beginn lagen dabei die Abschusszahlen beim Rehwild noch sehr hoch. Mittlerweile verjüngt sich der Wald aber auf ganzer Fläche, und es wird relativ wenig Rehwild geschossen. Statt der üblichen 9 Monate wird aber nur noch in 4 Monaten gejagt, und auch die Nachtjagd auf Wildschweine ist komplett verboten, daher hat das Wild hier wesentlich mehr Ruhe als oft, was sich offenbar auch positiv auf den Verbissdruck auswirkt. 

Das Projekt wird Besuchern sehr nett nah gebracht, und jeder kann hier auch die Bewirtschaftung im Jungenwald kommentieren. Klaus setzt Technik nur sehr sparsam ein und schließt Harvester beispeilsweise komplett aus. Nichts desto Trotz ist seine Art der Waldbewirtschaftung für die Eigentümer sehr profitabel, mit geringem Risiko. 

Schließlich zeigt mir Klaus noch einen, im letzten Jahr fast komplett vertrockneten Altbestand der Großen Küstentanne. Soviel zu dieser angeblich „klimastabilen“ neuen Wunderbaumart, die sich aber leider reichlich verjüngt und wie er auch denkt, extrem invasiv ist. Wir sind uns einig, dass der Anbau dieser Baumart komplett verboten werden solllte!

Schließlich lassen wir den Abend bei einem saarländischen „Schwenker“ am Feuer nett ausklingen und ich genieße die Nacht unter dem Sternenhimmel ganz in der Nähe. 


                                                      Meine Unterkunft



                                                              Adlerfarn seit 10 Jahren



                                                           Im Wahnbachtal



                                                                  Wahnbach



                                                       Riesige, alte Weißtanne



                   Partielle Unterpflanzung mit Weißtanne



                                                   Schön erklärt!



                   Dreharbeiten mit dem Saarländischen Rundfunk



                            

                     Borkenkäferbestand im Drohnenbild, nicht räumen!



                                                        Abgestorbener Küstentannenbestand



                         1000 Bäume dürfen ihr natürliches Alter erreichen



          Alte Laubwaldbestände wurden aus der Nutzung genommen



                                                                           Nachahmenswert!



                                                              Bunt gemischt!



                                                             Sehr gute Broschüren der FBG



                                      Wichtige Einbeziehung der Öffentlichkeit



                                                              Interview mit der Saarbrücker Zeitung




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