22.9.2021 Tag 190 Naturerbestätte Prora

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Abends regnet es noch stark, die Nacht bleibt dann aber trocken. Morgens fliegen zahlreiche Kraniche unmittelbar an dem Wäldchen vorbei, in dem ich übernachtet habe. Auf Feldwegen wandere ich schließlich weiter, begleitet von Kranichtrupps und Gänseschwärmen. Bei Neukamp kann ich die Aussicht zur Insel Vilm genießen, die ich ja vorgestern besucht hatte. 

Nach Putbus folge ich einer Kastanienallee im Nieselregen und kaufe dort erst mal ein. Anschließend folge ich dem Radweg nach Binz entlang der vielbefahrenen Straße, die von einer alten Eichenallee gesäumt wird. Gerade werden mit zwei Hebebühnen Äste aus den Kronen geschnitten. Ein sicher teures, aber notwendiges Prozedere um sowohl die Verkehrssicherheit zu gewähren, als auch die Eichen zu erhalten. Obwohl es schon gegen 11 Uhr ist, höre ich die Brunftschreie von Rothirschen. Vor Viewitz zweige ich in den Wald ab. Schön endlich mal wieder lange Zeit durch das dämmrige Grün zu laufen. Irgendwie fühle ich mich im Wald immer ganz besonders wohl. Es gibt hier alte Buchen, aber auch Nadelwaldbestände. Zweimal erblicke ich Damwild. 

Dann gelange ich an eine recht frische Fichenkultur vor einer stehen gebliebenen Eichenreihe. Aber das ist erst der Auftakt dieser großflächigen Waldvergewaltigungslandschaft. Die alten Buchen- und Eichenbestände wurden sehr stark aufgelichtet, so dass sich durch das viele Licht ein dichter Grasfilz eingestellt hat. Man hat zahlreiche Zäune gebaut, in die man dann unter anderem Große Küstentannen gepflanzt hat. Angrenzend kann man noch sehen, wie schön der Wald hier zuvor war. Das ist wieder einmal ein Beispiel dafür, dass Wald als Holzacker angesehen wird, den man abräumen und dann neu bestellen kann. Dabei wurden hier riesige ökologische, ökonomische und auch ästhetische Schäden angerichtet. Man sollte stets mit dem Wald, statt gegen ihn arbeiten. Aber davon, dass man Altbestände auch langsam über Naturverjüngung erneuern kann, oder besser noch einen Dauerwald aufbauen, hat man hier, unmittelbar südlich der DBU- Naturerbefläche Prora offensichtlich noch nichts gehört…

Die 1900 Hektar große, der Bundesstiftung Umwelt gehörende, ehemalige Militärfläche ist zu 70 % bewaldet und birgt zahlreiche Lebensräume, wie ich bald feststellen sollte. Zunächst geht es durch eine offene Landschaft mit einigen Büschen, über der mehr als 20 Kolkraben und ein Seeadler kreisen. Wahrscheinlich liegt hier irgendwo ein totes Tier. 

Weite Teile von Prora sind auch von naturnahen Buchenwäldern mit mächtigen, ehemaligen Hutebäumen bestanden. Auf Pfählen mit QR-Code lässt sich durch eine app mehr hierzu erfahren. 

In den Laubwäldern werden zwar keine Bäume mehr gefällt, wie in anderen DBU- Flächen auch, sollen die Nadelbaumbestände aber durch Durchforstungseingriffe schneller in Richtung Laubwald umgeformt werden. Dazu wurden in einem Bereich mit dem Harvester Rückegassen mit weniger als 20 Meter Abstand angelegt und dazwischen durchforstet. Möglicherweise stellt sich so tatsächlich etwas eher Naturverjüngung von Laubbäumen ein, aber eine so stark bodenzerstörende Befahrung sollte in einem Naturschutzgebiet, das zum Nationalen Naturerbe gehört, eigentlich Tabu sein. 

Es gibt hier auch Erlenwälder, Offenbereiche und kleine Moore. Eine Besonderheit ist eine Fläche, die von Feuersteinen übersät ist, die vor langer Zeit von einer Sturmflut angelandet wurden. Hier gibt es nur schütteren Bewuchs mit einigen Wacholdern, ansonsten wird die Fläche durch Beweidung offen gehalten. 

Ein alter Kiefernwald ist dabei, sich durch Naturverjüngung zum Mischwald mit Eichen, Birken und Ebereschen zu entwickeln. 

Bei Mukran gelange ich wieder auf die Straße und wundere mich wieviel Verkehr hier herrscht, offensichtlich ist  die Urlaubssaison noch nicht zu Ende. 

Am Fährhafen entlang gelange ich in die Nähe des Hochufers, und erfahre erst von einem Schild, dass der Ackerrain der Wanderweg ist…

Einige Male erhasche ich Ausblicke über die azurblaue Ostsee. Als ich wieder Wald erreiche, schlage ich schließlich bei schönem Wetter mein Lager auf, und sitze in der Dunkelheit noch schreibend unter dem Sternenzelt. 

Insel Vilm am Morgen
Kastanienallee vor Putbus
Verkehrssicherungsarbeit an der Eichenallee
Endlich wieder im Wald!
Fichtenkultur
Großflächige Auflichtung der Laubwaldbestände
Pflanzung von Großen Küstentannen
Da liegen noch Reste der alten Bäume
Zaun mit Gras
Angrenzender Wald
Waldvergewaltigung!
DBU-Naturerbefläche Prora
Die Kolkraben kreisen
Wald erfahren mit dem Smartphone
Mächtige Hutebuchen
Wer da wohl wohnt?
Holzeinschlag im Naturschutzgebiet
Alle 20 meter eine 4 Meter breite, verdichtete Fahrspur
Eichengallen
Feuersteinfelder
Kiefernwald wird durch Naturverjüngung zum Laubwald
Hochufer zwischen Mukran und Sassnitz
Wanderweg…
Blick zum Meer
Die esche verfärbt sich und trägt Früchte

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