14.07.2021 Tag 127 Welche Lehren können wir für die Buchenwaldbewirtschaftung aus dem Naturwald ziehen?

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Am nächsten Morgen ist es kühl und feucht. Ein Pirol ruft und bevor ich den Hainich endgültig verlasse, blogge ich am Waldrand, beantworte emails und so weiter…

Dann geht es in die waldlose Agrarsteppe des Thüringer Beckens. Es ist grau, kühl und regnet immer mal wieder, aber nicht sehr stark. Meist folge ich asphaltierten Radwegen. Immerhin gibt es öfter eine baumbestandene Allee oder einen Heckenstreifen. Als der Regen stärker wird, kaufe ich in Großengottern ein und lege schon früh meine Schokoladenpause ein. 

Beim Wandern denke ich über das gestern Gesehene nach und welche Schlüsse man daraus für den Wirtschaftswald ziehen kann:

  1. Auch ganz ohne forstliche „Pflege“ ist nach 50 Jahren der Wald voller Bäume mit guter Holzqualität. Überschätzen die Förster manchmal  den Einfluss, den ihre Eingriffe haben?
  2. Trotz hohem Holzvorrat haben zahlreiche Bäume sehr starke Durchmesser erreicht. Es muss also keineswegs so sein, dass ein dichter Wald nur aus dünnen Bäumen besteht. 
  3. Auch ohne die Förderung einzelner Baumarten ist die ganze Palette der auf diesem Standort heimischen Spezies erhalten geblieben und es sieht nicht danach aus, als ob sich das in absehbarer Zeit ändern würde. 
  4. Das Weberstedter Holz zeigt auffallend wenig Kronenschäden, dieses scheint mit dem dichten Kronenschluss und dem dadurch hervorgerufenem kühl- feuchtem Waldinnenklima zusammenzuhängen. Auch wenn die Frage noch nicht wissenschaftlich geklärt ist, in wie weit Auflichtungen in Buchenbeständen diese Baumart anfälliger für Trockniserscheinungen machen, muss man doch feststellen, dass der natürliche Waldaufbau der Schatten liebenden Buche, ein sehr dichtes Kronendach, mit überwiegend kleineren Lücken, die größtenteils auch überschattet werden, darstellt. 
  5. Zwar wachsen fast überall junge Bäume und teilweise auch mittelalte, aber die bürstendichten Naturverjüngungsflächen des Wirtschaftswalds gibt es hier nicht. Man darf nicht vergessen, dass die Buchen lange Zeit im Dämmerlicht existieren können und dann ihre Chance nutzen, sobald sich eine Lücke auftut. Das natürliche Verjüngungsmuster der Buche ist weit überwiegend sehr kleinfllächig. 

Wenn man die Situation im buchengeprägten Naturwald betrachtet, merkt man rasch, wie naturwidrig im Regelfall die forstliche Bewirtschaftung der Buche ist. Sollte man sich nicht gerade jetzt im Klimawandel wieder stärker an den natürlichen Mustern orientieren, was dann auch mit weniger bewirtschaftungsinduziertem Schadgeschehen einher gehen würde?

Die Preise für Buchenholz sind schon seit längerer Zeit enttäuschend niedrig. Sollte man als Waldbesitzer diese Situation nicht zu einem gezielten Vorratsaufbau nutzen? Denn wie man im Weberstedter Holz sieht, muss das keineswegs ein wirtschaftlicher Nachteil sein. Im Gegenteil, die alten Buchenbestände würden von dieser Atempause sicher profitieren und hohe Vorräte bedeuten auch eine hohe Kohlenstoffspeicherung, nicht ganz unwichtig im Klimawandel. Im Privatwald könnten vielleicht geschickt angelegte Förderprogramme die temporären Einnahmeausfälle kompensieren. 

Auch in Betrieben der Arbeitsgemeinschaft Naturgemäße Waldwirtschaft, würde ein Nutzungskonzept, das sich eher an den natürlichen Abläufen im Buchenwald orientiert, in der Regel eine große Umstellung bedeuten. Man würde darauf verzichten, jederzeit und überall einen großen Naturverjüngungsvorrat zu haben und insgesamt viel weniger pflegen und auslesen. Natürlich würde man während der Zeit des Vorratsaufbaus auch  weniger Holz ernten. 

Über den ersten, frisch gemähten Kornfeldern kreisen Rotmilane. 

Am Spätnachmittag bessert sich das Wetter und ich erreiche auf einem Grasweg entlang der Notter den ersten Wald seit dem Hainich. In einem erstaunlich gesunden Eschenbestand schlage ich schließlich mein Tarp auf. 

Zuvor habe ich mit Peter Sawicki vom Deutschlandfunk gesprochen, der am Samstagmorgen um 8:10 ein langes Lifeinterview mit mir führen möchte. 

Das Umweltbildungszentrum
Ins Thüringer Becken
Teilweise gibt es Alleen
Agrarsteppe
Nettes Klo am Radweg
Die ersten Kornfelder sind abgeerntet
Restnatur
Im Eschenwald

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