25.10.2021 Tag 222 Mit den Landesforsten im Forstamt Riefensbeek

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Ich stehe um 5:30 auf, und bin dann erst mal mit dem Beschreiben des gestrigen Tages beschäftigt. Anschließend frühstücke ich ausgezeichnet, mit meinen tollen Gastgebern Kirsten und Tobias Feller, von der Fellerei in Buntenbock.

Pünktlich um 9 erscheinen Dr. Hauskeller, Leiter Wald und Umwelt bei den niedersächsischen Landesforsten, mit dem ich ja bereits von Ebstorf nach Uelzen gewandert war, Daniel Zimmermann, Dezernent und stellvertretender Forstamtsleiter im Forstamt Riefensbeek, sowie Kevin Kulke vom Harzkurier, der uns längere Zeit für einen Artikel begleitet.

Die Landesforsten bewirtschaften im Harz etwa 60.000 Hektar, von denen 15.000 Hektar seit 2018 borkenkäferbedingt abgestorben sind. 

Zunächst fahren wir ins Bärenbruch, wo die Fichten in einem Seilkraneinsatz ohne Befahrung aus einer nassen Moorfläche geerntet wurden. Dieses Verfahren kommt aus dem Alpenraum, ist besonders für steile Hänge geeignet, kommt aber auch auf Moorflächen zum Einsatz. Für den Bodenschutz ideal, leider aber sehr umständlich und daher teuer. Kevin Kulke, der Einiges in meinem Blog gelesen hat, nimmt das zum Anlass, das Thema Befahrung und Bodenschäden aufzugreifen, da er auch meine Forderung nach 40 Meter Mindestrückegassenabstand kennt. Bei den Landesforsten sind das ja lediglich 20 Meter, allerdings erwähnt Herr Zimmermann, dass in den steileren Lagen hier auch häufig mit der Seilwinde von vorhandenen Hangwegen gearbeitet wird und der Harvester dann lediglich vom Weg aus arbeitet. So ein kombiniertes Verfahren halte ich für sehr sinnvoll. Andererseits wird hier auch mit sogenannten Hangharvestern gearbeitet, die sich von einem Ankerbaum mit einer Seilwinde auch in steilste Hänge herablassen, ein Verfahren, dass erst in den letzten 10 Jahren zunehmend Verbreitung gefunden hat. Dabei entstehen durch die Verringerung des Schlupfes tatsächlich oft keine tiefen Fahrspuren, aber die anderen Bodenschäden wie Verdichtung und Beeinträchtigung des feinen Wurzelnetzes werden trotzdem angerichtet. Leider werden durch dieses Verfahren bisher unbefahrene Waldbereiche erst jetzt durch hangabwärts verlaufende, enge Rückegassen erschlossen, was dem Bodenschutz sehr abträglich ist. Ich erwähne, dass man durch das Abschneiden der Randbäume an den Rückegassen in zwei Metern Höhe,  diese noch für lange Zeit im Gelände sichtbar bleiben würden um so vielleicht bei Hiebsmaßnahmen in 30 Jahren zu vermeiden, dass weitere Flächen, für ein neues Erschließungsnetz befahren würden. Herr Zimmermann sagt, dass dies in seinem Forstamt auch teilweise gemacht würde, aber wie ich ja bisher überall gesehen habe, ist das die absolute Ausnahme, obwohl es so einfach wäre…

Hier im Westharz werden die abgestorbenen Fichten, von denen keine weitere Gefahr für die Borkenkäfervermehrung ausgeht, auf Teilfächen die etwa 30 % der gesamten Schadflächen umfassen sollen, bewusst stehen gelassen. Dazu nutzt man deren Wirkungen durch Beschattung, Windberuhigung und nach ihrem Umbrechen auch natürlichem Schutz vor Wildverbiss, um in deren Schutz Schatten liebende Baumarten wie Buchen und Weißtannen einzubringen, größtenteils bisher durch Pflanzung aber auch zunehmend durch Saat. So sind hier in der nächsten Zeit 300 Hektar Weißtannensaat geplant. Die Weißtanne ist auf ihrer nacheiszeitlichen Rückwanderung zwar bis in den Thüringer Wald gelangt, nicht aber in den Harz, was sicher auch früher oder später erfolgt wäre, so dass man sie hier durchaus als heimische Baumart ansehen kann. Allerdings brechen die abgestorbenen Fichtenbestände oft recht schnell zusammen, daher ist das Zeitfenster wo man dort sicher arbeiten kann, recht klein. Durch den Einsatz von Kleinbaggern in deren Kabine der Fahrer besser geschützt ist, will man das etwas ausdehnen. Grundsätzlich sollen die Blöcke mit toten Fichten die man stehen lässt, nicht zu groß sein, um beispielsweise die Bejagbarkeit noch zu gewährleisten. 

Von etlichen Aussichtspunkten sehen wir, an vielen Stellen ältere Buchenpflanzungen die unter den Fichten vorgenommen wurden, und jetzt teilweise frei stehen. Man sieht deutlich in der Landschaft, dass hier in den letzten Jahrzehnten schon vieles in Richtung Mischwald bewegt wurde. Man strebt auch an, den Schirm aus toten Fichten über den Buchen zu erhalten, hat diesen in erster Linie nur dann entfernt, wenn es darum ging angrenzende noch intakte Bereiche durch rasche Fällung und Entfernung des käferbefallenen Holzes zu retten. Abgestorbene Bäume von denen keine Infektionsgefahr mehr ausgeht, sollen über den Buchen erhalten werden. 

Herr Dr. Hauskeller hat einige interessante Zahlen parat, so wurden im letzten Jahr im Harz 1,67 Millionen Bäume gepflanzt, zu 25 % Buchen, 26 % verschiedene ander Laubbaumarten wie Ahorne, Sträucher und Erlen, 20 % Douglasien, 15 % Lärchen und 14 % andere Nadelbaumarten, vor allem Tannen. Das hört sich zunächst nach einer guten Mischung an, man muss dabei aber wissen, dass Nadelbäume in viel größeren Abständen gepflanzt werden, als Laubbäume und daher der Flächenanteil der Nadelbäume sehr viel höher ist. Während Herr Dr. Hauskeller für eine möglichst bunte Mischung plädiert, sehe ich es so, dass man ganz überwiegend bei heimischen Baumarten bleiben sollte, die nur in sehr kleinflächiger Mischung mit ursprünglich nicht heimischen Baumarten wie der Douglasie ergänzt werden sollten, aus Gründen die ich hier ja schon öfter beschrieben habe. Die Große Küstentanne, die ich für extrem invasiv halte, soll im Harz kaum gepflanzt werden, noch besser wäre aber aus meiner Sicht ein vollständiger Verzicht auf diese Baumart. 

Leider gibt es nur wenige Samenbirken, daher halte ich es für sehr sinnvoll, auf großen Freiflächen rasch einen sehr weitständigen Schleier von Birken zu pflanzen, etwa im 3×3 Meter Verband. Dadurch verhindert man die Vergrasung der Flächen, die es für die Baumarten sehr schwer macht, Fuß zu fassen, und kann dann nach einigen Jahren im Schutz der Birken auch schattenbedürftige Baumarten wie Buchen und Tannen pflanzen. Ein Verfahren, was nach Herrn Zimmermann hier auch künfitig ausprobiert werden soll, aber meiner Auffassung nach wesentlich weitere Verbreitung finden sollte. 

Herr Dr. Hauskeller fragt nach meiner generellen Meinung zur künftigen Forstwirtschaft. Zwar denke ich, dass Holz ein wichtiger nachwachsender Rohstoff ist, der auch Zukunft in einer stärker naturnahen Forstwirtschaft vor allem für langlebige Produkte geerntet werden soll. Allerdings sehe ich es so, dass gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise, im Konfliktfall, den es durchaus häufig gibt, die anderen Leistungen des Ökosystems Wald für Wasser, Klima, Boden und Artenschutz viel stärker berücksichtigt werden müssen, als das heute der Fall ist. 

Um 15:30 trennen wir uns und ich setze meine Wanderung von Buntenbock nach Lehrbach fort, wo ich mich mit Heiner Wendt treffe, seit 1989 Revierförster hier. Wir drehen noch eine kleine Runde durch den von ihm betreuten Wald, von dem er mir morgen mehr zeigen möchte, anschließend genieße ich die Gastfreundschaft von ihm und seiner Frau Monika, bei gutem Essen, tollen Gesprächen und leckerem Rotwein. 

Meine tollen Gastgeber Kirsten und Tobias Feller
Die Fellerei ist ein kleines, Wert auf Nachhaltigkeit legendes Hotel in Buntenbock
Kevin Kulke, Dr. Hauskeller, Daniel Zimmermann
Buchencontainerpflanzung
Gesäte Weißtanne
Leider gibt es nur wenig Birken
Blick zum Sösesee
Ideal, Buchen unter Fichten, die jetzt tot sind, mit einigen Nadelbäumen
Es werden auch viele Sträucher, wie Hasel gepflanzt
Die Lärche soll künftig einen bedeutenden Anteil einnehmen
Auch Douglasien können hier nur im Zaun gepflanzt werden
Landschaftsmosaik aus Buchenpflanzungen, toten Fichten und Freiflächen
Lustig…
Räumung um noch intakte, angrenzende Fichtenbestände zu retten, mit anschließender Vergrasung, hier soll erst mal nichts mehr getan werden
Ahornpflanzung im Zaun
Buche mit Douglasie, so gemischt finde ich das in Ordnung
Kombination Seilwinde und Harvestereinsatz am Weg
Im Revier von Heiner Wendt
In den abgestorbenen Fichtenbereichen wird sich sicher Buchennaturverjüngung einstellen, unbedingt stehen lassen!

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Ein Gedanke zu „25.10.2021 Tag 222 Mit den Landesforsten im Forstamt Riefensbeek

  • 31. Oktober 2021 um 9:59
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    Wer sich dort etwas auskennt, muß sich die WaldVeränderungen des letzten Jahres unbedingt ansehen, um die Entwicklungen zum jetzt schon entstehenden Mischwald wahrzunehmen.

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