20.8.2021 Tag 157 Kahlschläge, PEFC und freundliche Brandenburger

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Bereits am frühen Morgen sind die Mücken erstaunlich aktiv, echt nervig! Weiter geht es durch die Liebenwaldener Heide. Erstaunlich und ermutigend wieviele Eichen es hier gibt. Auch in den Kiefernflächen wachsen zahlreiche junge Traubeneichen. Ein Schild verkündet, dass das Gebiet der DBU- Naturerbe GmbH gehört, die es als Teil des Nationalen Naturerbes übertragen bekommen hat, wie ich das ja schon bei einigen anderen Flächen gesehen hatte. Umso einfacher sollte es doch sein, hier die Bewirtschaftung tatsächlich ganz einzustellen. Zwar kommen hier bestimmt einige Einnahmen aus dem Holzverkauf, aber wahrscheinlich ist die Betreuung durch die Bundesforstverwaltung unterm Strich teurer. Das Forsthaus Prösa wäre mit seinem hohen Eichenanteil ein tolles, neues Wildnisgebiet! Die Heideflächen könnte man ja dennoch offen erhalten, wie das ja auch in der Königsbrücker Heide praktiziert wird. 

Obwohl es punktuell tatsächlich Anstrengungen gibt, die einförmigen Kiefernforste zu Mischwäldern umzubauen, fühle ich mich schon irgendwie veralbert, wenn ich ein Schild mit Schwarzspecht Foto, PEFC Siegel und dem Spruch „Dieser Wald ist anders“ sehe. Das PEFC Zertifikat beinhaltet im Wesentlichen nur schöne Wünsche und keine konkreten Anforderungen, daher kann im Prinzip jeder Wald in Deutschland nach diesem System zertifiziert werden. Man nennt so etwas gerne auch „Mogelpackung“. Tatsächlich war die Zertifizierung eine Anforderung der Bundesregierung an Betriebe, die die „Nachhaltigkeitsprämie“ von 100 Euro/ ha im letzten Jahr beantragen wollten. Dies führte dazu, dass PEFC soviele neue Mitglieder wie noch nie bekam. Viel heiße Luft, die dann als gute Standards für eine nachhaltige Waldbewirtschaftung verkauft werden. So sind 20 Meter Rückegassenabstand ok bei PEFC. Es gibt weder konkrete Vorgaben was Totholz und Habitatbäume angeht, selbst Gifteinsatz und Bodenbearbeitung sind nicht völlig unmöglich. Auch die Kahlschläge die ich  heute noch sehen werde, sind mit PEFC bestimmt irgendwie begründbar…

Bei Schönborn esse ich leckere Äpfel am Straßenrand und wandere dann in ein weiteres großes Waldgebiet. Das Naturschutzgebiet Hohe Warthe schützt hier 88 Hektar alte Eichen und auch Buchen. Oft denkt man ja im Sand Brandenburgs könnten eh nur Kiefern gedeihen. Das stimmt aber nicht, wie solche Beispiele zeigen. Von Natur aus wäre die Eiche hier die prägende Baumart und Kiefern kämen tatsächlich nur auf den allertrockensten Standorten vor. Allerdings hat die Bewirtschaftung schon seit langem die Böden an vielen Stellen sehr stark negativ verändert, so entsteht aus den Kiefernnadeln nur ein ziemlich saurer Humus. Dort wo Laubbäume eingebracht werden oder noch vorhanden sind, sind die Bodenverhältnisse viel besser. In der Forstwirtschaft wird der Standort immer noch oft als gegeben gesehen, dabei können seine Eigenschaften durch den Bewuchs sowohl zum Positiven als auch zum Negativen verändert werden. Die alte, geschlossene Laubwaldfläche der Hohen Warthe erzeugt offenbar ihr eigenes, feuchteres Klima im Vergleich zur kieferngeprägten Umgebung. Daher sind hier in der Dürre zwar auch alte Buchen abgestorben, aber insgesamt macht die Hohe Warthe noch einen erstaunlich vitalen Eindruck. 

Als ich in Prießen auf meine Kartenapp schaue, öffnet sich ein Fenster und ein mittelalter Mann bietet seine Hilfe an. So kommen wir ins Gespräch und ich erfahre, dass die meisten jüngeren Leute schon lange das Dorf verlassen haben. Eine Zeit lang sah es so aus, als ob über kurz oder lang der Ort aussterben würde, aber inzwischen würden wieder Häuser verkauft und es gibt Neubürger.

Überhaupt grüßen mich die Leute hier oft freundlich und einmal hält heute ein Auto neben mir und der Fahrer fragt, ob er mich mitnehmen soll. 

Kahlschläge waren bis zu der Borkenkäferkalamität seit 2018 in Deutschland aus der Mode gekommen, aber heute sehe ich mehrere Flächen, die offenbar planmäßig von allen Kiefern geräumt wurden. Immerhin wächst größtenteils dichte Kiefernnaturverjüngung auf den Kahlflächen hoch, es gibt aber auch Bereiche, wo nur Landreitgras gedeiht. Der einzige Vorteil von Kahlschlägen ist, dass man sofort relativ viel Geld in der Kasse hat. Ansonsten sind sie auch ökonomisch unvorteilhaft, da es ja erst mal wieder Jahrzehnte dauert, bis auf der Fläche verkaufbares Holz wächst. Ökologisch führen Kahlschläge zur raschen Humuszersetzung wodurch sich in Kombination mit der vollen Sonneneinstrahlung lichtliebende Gräser oder Brombeeren ausbreiten die oft eine unüberwindbare Konkurrenz für die jungen Waldbäume darstellen. 

Ich kaufe in Schlieben ein und gehe dann in die Rochauer Heide, wo ich mir einen schönen Lagerplatz in einem lichten Kiefernbestand suche. Es gibt hier keine Mücken und abends scheint die Sonne noch ein wenig. Sehr idyllisch!

Eichen mit dichter Naturverjüngung in der Liebenwaldener heide
Wäre hier kein neues Wildnisgebiet möglich?
Eichenverjüngung in den Kiefernbeständen
amerikanische Roteiche
Ist er nicht!
Auch Kiefern haben viele Käfer als Feinde
Die Holunderbeeren sind reif
Erstaunliche Laubwaldinsel
Auf 88 ha wachsen alte Eichen und Buchen
Einzelne Buchen sterben ab
Viel Buchennaturverjüngung in den angrenzenden Kiefernbereichen
Intaktes Kronendach
Als Waldbrandschneise gemulcht
Waldumbau im Zaun
Hier wird noch im Kahlschlagverfahren gearbeitet…
Das Landreitgras breitet sich auf Freiflächen aus
Plantagenwirtschaft
Einsame Sträßchen
Durch das Gras haben es Bäume hier schwer
Nachmittags erscheint die Sonne

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2 Gedanken zu „20.8.2021 Tag 157 Kahlschläge, PEFC und freundliche Brandenburger

  • 22. August 2021 um 22:08
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    Hallo Herr Klamer,
    die Verbraucherinnen und Verbraucher denken natürlich, dass sie Produkte aus ökologischer Waldwirtschaft erwerben, wenn diese ein PEFC-Siegel tragen.
    Was ist Ihre Meinung zu dem strengeren FSC-Zertifikat?
    Viele Grüße von Joachim Kunz aus Nohfelden im Saarland!

    Antwort
    • 23. August 2021 um 19:36
      Permalink

      Hallo Herr Kunz,

      das ist ein längeres Thema, auf das ich in einem Beitrag eingehen will. An dieser Stelle nur, es ist bei weitem nicht perfekt, aber besser als PEFC.

      Antwort

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