2.11.2021 Tag 230 Naturgemäße Waldwirtschaft bei Dagmar Löffler

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Zum Frühstück erscheint Wilfried Bott, Ex- Revierleiterkollege von Dagmar, der als erster hier auf mich aufmerksam geworden war, und das Treffen organisiert hatte. Anschließend fahren wir in das Revier Calden, dass Dagmar 30 Jahre lang, bis vor kurzem betreut hatte. Ende September fand dort eine ANW- Veranstaltung statt, deren Exkursionsorte wir uns jetzt anschauen.  Sofort fallen uns zwei nebeneinander ausgezeichnete, starke Buchen auf. An dieser Stelle würde man nach ANW- Grundsätzen maximal eine der beiden Buchen bei einem Eingriff entnehmen. In dem 150- jährigen Bestand hat Dagmar auf 0,1 Hektar an jedem Stamm den Durchmesser gemessen und angeschrieben. Der Vorrat ist mit 254 Kubikmetern/ha ziemlich niedrig, dafür hat sich bereits eine gemischte, vertikal differenzierte Verjüngung eingestellt. Wichtig ist Dagmar hier, bei der nächsten Maßnahme lediglich einen starken Stamm zu entnehmen, was dann immerhin einer Entnahme von 50 Kubikmetern/ ha entspricht. Dadurch sollen auch bisher unterständige Bäume gefördert werden, von denen Dagmar die Hoffnung hat, dass Sie noch irgendwann zu starken Bäumen heranwachsen.

Es gibt hier Kronenschäden in relativ geringem Umfang, dennoch würde Dagmar die Holzernte nicht aussetzen, wie das ja beispielsweise in Göttingen praktiziert wird. 

Besonders eindrucksvoll ist hier eine starke Bergulme, die erstaunlicherweise das Ulmensterben seit den 80’er Jahren überlebt hat. 

Auch nach dem Lübecker Modell würde man in diesem Bestand Zielstärkennutzung durchführen, es wäre also prinzipiell kein Unterschied im Vorgehen vorhanden. 

Ich absolviere ein Life- Radiointerview mit HR 4 und setze den Blogpost von gestern ab. Anschließend schauen wir uns den nächsten Bestand an. Hier wurde ein sogenanntes Martelloskop eingerichtet, wo auf einem Hektar sämtliche Bäume mit ihren ökologischen und ökonomischen Merkmalen aufgenommen wurden. Auf einem Tablett kann man dann die einzelnen Entnahmeentscheidungen nach ihrer Wirkung beurteilen. Faszinierend, aber auch ziemlich technisch und kompliziert…

In dem 100-jährigen Bestand ist ebenfalls nur ein relativ geringer Vorrat vorhanden, der sich durch die kräftige Entnahme aus forstwirtschaftlicher Sicht qualitativ schlechter Bäume ergeben hat. Laut Dagmar soll hier jetzt der Vorrat aufgebaut werden, in dem relativ wenig Bäume entnommen werden, dabei soll aber die vertilkale Struktur erhalten werden und bisher unterständige Bäume gefördert. Nach dem Lübecker Modell hätte man in diesem Alter einen wesentlich höheren Vorrat und würde bis zum Erreichen der angestrebten Zielstärken gar nicht in den Bestand eingreifen. 

Schließlich sehen wir uns noch einen relativ jungen Bestand an, wo es dennoch bereits einige Lücken gibt, die sich durch die Entnahme qualitativ schlechter Bäume ergeben haben, und wo sich eine bunt gemischte, üppige Naturverjüngung eingestellt hat. Obwohl hier offenbar so gut wie gar nicht gejagt wird, wachsen sogar einige der seltenen Elsbeeren in der Lücke hoch. Dagmar hält so ein Vorgehen für wichtig, um auf diesem nährstoffreichen Kalkstandort die Vielfalt der Baumarten auch in der nächsten Generation zu erhalten, da ansonsten nach ihrer Meinung die Buchen sich weitgehend durchsetzen würden. Nach dem Lübecker Modell würde man hier nicht eingreifen und die Natur entscheiden lassen, wie die künftige Baumartenmischung aussieht. 

Nachdem wir eine kurze Pause bei Dagmar eingelegt haben, fahren wir mit Wilfried in das Revier Liebenau, wo wir den Förster Günter Koch treffen. Außerdem erscheint ein HR Fernsehteam um Till Möller, mit dem ich eine ganze Zeit drehe. Die Fragen drehen sich viel um meine Erkenntnisse aus der  Wanderung. Etwas später erscheint Bernd Schünemann von der HNA, dem ich ebenfalls ein Interview gebe. Der 70-jährigen Buchenbestand, in den einige Lärchen eingemischt sind, weist starke Schäden auf. Günter Koch hat hier eine Entnahme der geschädigten Buchen vorgesehen, was ein sehr starker Eingriff wäre, den ich komplett ablehne, da er meiner Meinung nach nur zu einer weiteren Schwächung des Bestandes führen würde. 

So starke Schäden in einem jungen Buchenbestand habe ich bisher noch nicht gesehen und sie sind auch für Günter so besorgniserregend, dass er Angst um seinen ganzen Wald hat. 

Schließlich lassen wir den Tag noch gemütlich bei Dagmar ausklingen. 

So hätte Dagmar nicht gearbeitet…
Starke Bergulme
Einzelstammweise Holzernte
Auf einer Probefläche wurde bei allen Bäumen der Durchmesser bestimmt
Martelloskop
Die Entnahmeentscheidungen werden mit dem Tablet beurteilt
Bisher unterständige Bäume sollen später noch hohe Zieldurchmesser erreichen
Im mittelalten Bestand soll der Vorrat wieder anwachsen
Gemischte Naturverjüngung
Auch junge Elsbeeren wachsen hier hoch
Verjüngung in Lücken
Wisente
Interview mit der HNA
Ein starker Eingriff in einem geschädigtem Buchenbestand ist geplant
Dreharbeiten mit dem Hessischen Rundfunk

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