17.04.2021 Tag 49 Vom Bienwald in den Auenwald

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Gleich morgens treffe ich mich am Bahnhof Schweighofen mit zwei Journalistinnen von der Rheinpfalz und einer kleinen Delegation der Greenpeace Gruppe Landau. Nachdem das Interview fertig ist, und die Fotos gemacht, frühstücke ich erst einmal mit den jungen Greenpeace Leuten die leckeres Essen mitgebracht haben, bevor wir gemeinsam durch den Bienwald wandern. Gestern hatte ich das Waldgebiet ja nur an ausgewählten Punkten erlebt, heute aber ist es interessant von dem Kiefern geprägten trockenen Gebietsteil in den feuchten Bienwald mit seinen großflächigen Eichenbeständen zu wandern. Auch wenn die Buche hier im Flachland, wie gestern gesehen, Probleme hat, ist sie jedoch fast überall in den Kiefernbeständen vertreten, so dass der Eindruck eines schönen Mischwalds entsteht. Zu meiner Überraschung gibt es hier sogar noch gesunde Fichtenbestände, allerdings nur auf sehr kleiner Fläche.

Ich kann meinen Begleitern viel über den Wald erzählen, und ich denke, dass sie tatsächlich „waldbegeistert“ sind. Bei einer Pause drehen sie dann noch ein langes Videointerview mit mir.

Im nassen Bienwald gibt es überall noch kleine Tümpel, ein Paradies für Amphibien.

Insgesamt finde ich den Bienwald trotz aller Probleme richtig toll! Ein großes, wirklich spezielles Waldgebiet, was zu näherer Erkundung einlädt.

Nachdem sich unsere Wege getrennt haben, wartet in Berg schon der nächste Termin auf mich. Volker Westermann, für Umweltbildung, Naturschutz und Öffentlichkeitsarbeit beim Forstamt Pfälzer Rheinauen zuständig, hat mich zu einer kleinen Exkursion eingeladen, an der auch die Forstamtsleiterin Monika Bub, der Revierleiter Ansgar Vogelgesang und der junge Anwärter Alexander Seintsche teilnehmen.

Zunächst sehen wir auf sehr fruchtbaren Standorten schockierende Bilder. Nachdem der Grundwasserstand in den letzten drei Jahren um zwei Meter abgesunken ist, sterben alte Buchenbestände flächenhaft ab. Ausserdem gibt es hier zahlreiche Eschen, die von dem aus Asien eingeschleppten Eschentriebsterben, einer durch einen Pilz hervorgerufenen Krankheit stark betroffen sind. An Wegen und Leitungen wurden Kahlschläge angelegt, die dann auf ganzer Fläche bepflanzt wurden, überwiegend mit Eichen, aber auch zahlreichen anderen Baumarten. Alle Bäume wurden mit Wuchshüllen geschützt. Die Flächen wurden intensiv geräumt und regelmäßig wird die mit den Jungbäumen konkurrierende Begleitvegetation zurückgeschnitten. Alles in allem eine fast schon an Landwirtschaft erinnernde, intensive Anlage. Der Revierleiter hält ein solches Vorgehen für notwendig, wenn hier in kurzer Zeit wieder ein „richtiger“ Wald wachsen soll. Die Wuchshüllen hätten gegenüber einem Zaun den Vorteil, dass in ihnen ein den Pflanzen förderliches Mikroklima herrscht und beim Freischneiden der Kultur die Bäume nicht irrtümlich mit ausgemäht würden. Ich frage mich sehr, ob wir wirklich schon an dem Punkt sind, wo man langfristig Wald nur durch so intensives Vorgehen wieder begründen kann. Leider sehe ich hier natürlich nur eine kurze Momentaufnahme. Wäre es nicht vorteilhafter, so weit möglich die Reste des Vorbestands noch zu erhalten, und darunter mit punktuellen Pflanzungen die neue Waldgeneration zu begründen, die sich dann mit Naturverjüngung ergänzt? Ansgar Vogelgesang glaubt, dass in diesen extrem wüchsigen Bereichen die Konkurrenz durch Lianen wie die Waldrebe, oder die eingeschleppte kanadische Goldrute einfach zu hoch wäre, und seiner Ansicht nach die Naturverjüngung kaum noch funktionieren würde, und er auch die Ergänzung mit bisher nicht vorhandenen, zum Teil nicht heimischen Baumarten, wie der nordamerikanischen Schwarznuss will, ganz wesentlich auch zur Risikostreuung in der nächsten Waldgeneration. 

Später erfahre ich dann, dass es in anderen Revieren des Forstamts tatsächlich das von mir favorisierte, punktuelle Vorgehen gibt. Die Zukunft wird weisen, welcher Weg zielführender ist!

Anschließend sehen wir uns Auwaldflächen vorm Rheindeich an, die noch überschwemmt werden. Auf insgesamt 950 Hektar sollen diese Bereiche im Forstamt in naher Zukunft komplett aus der forstlichen Bewirtschaftung genommen werden. Der Revierleiter sieht das kritisch, da seiner Meinung nach sich die Stieleiche hier nicht mehr natürlich verjüngen kann und er glaubt, dass diese Flächen langfristig eher eine Art Strauchvegetation tragen werden, und keinen richtigen Wald. Ich kenne Beispiele wo sich in Auenbereichen auch ehemalig landwirtschaftlich genutzte Flächen über verschiedene Sukzessionsstadien wieder zu Wald entwickelt haben, daher halte ich diese Ansicht langfristig nicht für richtig. Allerdings wird es schon Bereiche geben, die sehr lange, beispielsweise von der Liane Waldrebe dominiert werden und wo Jungbäume dann vielleicht erst nach vielen Jahren ihre Chance bekommen. 

Zum Abschluss sehen wir dann noch eine Fläche, wo der Rhein vor etwa 20 Jahren eine schmale Landzunge durchbrochen hat, wodurch ein neuer Nebenarm entstanden ist. Viel Totholz im Gewässer und abgebrochene Uferabschnitte zeigen, dass hier die natürliche Dynamik wieder in vollem Gang ist, etwas sehr Wichtiges im Auwald!

Erst als es schon fast dunkel ist, fahre ich mit Volker zu seinem Haus, wo wir bei gutem Essen mit seiner Lebensgefährtin Petra noch lange zusammen sitzen. Natürlich darf dabei der Pfälzer Wein nicht fehlen!


Keimende Eichel


Durch den Bienwald


Eng umschlungen


Der nasse Bienwald


Mächtiger Wurzelteller einer Fichte


Intensiv…


Riesiger Feldahorn


Waldrebendickichte


Ölkäfer


Eschentriebsterben


Absterbender Buchenwald


Mir kommen die Tränen…


Intensive Diskussionen


Waldrebe


Altarm des Rheins


Bald gibt es hier 950 ha neue Naturwaldflächen


Auwald


Anemonen

Schlüsselblumen


Flatterulme


Schwarzpappelpflanzung


Auendynamik


Ein schöner Abend bei Petra und Volker



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2 Gedanken zu „17.04.2021 Tag 49 Vom Bienwald in den Auenwald

  • 18. April 2021 um 13:46
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    Danke, jeden Morgen eine neue Lektüre und immer interessant! Jetzt verstehe ich auch das Konzept der großflächigen Rodungen bei mir in der Nähe (wohne in Kuhardt, nahe der Rheinauen) Ich frage mich aber auch wie lange das wohl dauern wird, bis da wieder ordentlich Wald wächst. Hast Du auch die großen Tulpenbäume entlang des Tulpenbaumweges bzw. Treidlerpfades gesehen? Ich denke der Auwald hat ein riesiges touristisches Potenzial. Man könnte Kanufahrten anbieten und vieles mehr. Ich bin hier viel mit dem Mountainbike unterwegs. Schnaken gibt es auch nicht so viele wie früher.

    Antwort
  • 18. April 2021 um 20:13
    Permalink

    Nein, die Tulpenbäume habe ich nicht gesehen. Ja, der Auwald ist schön, aber ziemlich zerstückelt in einem dicht besiedelten Gebiet.

    Antwort

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