In das wilde Koprova Tal 4.4- 5.4. 2022

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Die Nacht im Schlafsack wird nicht zu kalt, gut dass der – 10 Grad Komforttemperatur hat. Mein Wassersack ist von oben gefroren, daher muss ich mit meinem Löffel erst mal mühsam das Eis von oben zerstoßen. Am Übelsten ist aber, dass meine Stiefel bretthart gefroren sind und ich wohl eine halbe Stunde brauche, um mich in das Leder zu zwängen. Nach einer Stunde laufe ich um 6:30 Uhr schließlich los. Die Sonne ist bereits da, wärmt aber noch nicht. Ein Stück weit folge ich einer frischen Bärenfährte, bekomme das Pelztier aber nicht zu sehen.

Wie auch gestern schon, sind die Hänge der Hohen Tatra von Kahlschlägen übersät. Pünktlich um 8 treffe ich mich in Podbanske mit Eric Balaz, dem Filmemacher und Naturschutzaktivisten, den ich ja schon kennen gelernt hatte. Auch jetzt beträgt die Temperatur- 9 Grad, wie er mir erzählt, die Nacht war bestimmt noch etwas kälter…

Bald legen wir die Schneeschuhe an und steigenauf einem schmalen Pfad hoch. Ich bitte Erik etwas über die Geschichte des Tals zu erzählen: „ Mein Bruder und ich hatten schon mit 16 oder 17 die Idee, dass ein großer Teil der Hohen Tatra echte Wildnis werden sollte.  Erstaunlicherweise war der damalige Nationalparkdirektor dafür recht aufgeschlossen. Dann gab es einen Regierungswechsel und ein neuer Parkleiter kam. 2004 ging dann ein großer Sturm über die Hohe Tatra und auch in den beiden auf 10.000 Hektar schon seit langem unberührten Tälern Ticha und Koprova sollte „aufgeräumt“ werden, für mich nur ein anderes Wort für Kahlschlag. Na ja, wir mussten richtig kämpfen, sogar mit Blockaden der Holz- LKW, aber jetzt stehen die Täler wirklich unter Schutz!“ „Ist das denn Urwald?“ möchte ich wissen? Mein schlanker, sportlicher Gesprächspartner antwortet: „ Nein, nur kleine Teile in unzugänglichen Lagen haben nie eine Säge gesehen. 1941 gab es schon einen großen Windwurf. Danach wurde fast überall geräumt und meist Fichten gepflanzt. Glücklicherweise blieben auch noch Weißtannen und einge Buchen sowie Zirbelkiefern erhalten, die sich durch Naturverjüngung, oft durch Vögel, auf den Katstrophenflächen von 2004 einfinden.“ Dazu sind zwar Ansätze zu erkennen, aber die Fichte scheint zu dominieren. Erik bestätigt das, sagt aber, dass sich die Tannen erst jetzt langsam unter den Ebereschen einfinden. „Natur braucht eben Zeit!“

Interessant ist, dass es auch junge Zirbelkiefern oder Arven zu sehen gibt. Diese wachsen nach landläufiger Ansicht ganz oben an der Waldgrenze. Dort sind sie leider vielerorts in den Karpaten verschwunden, weil diese Flächen für die Schafzucht gerodet wurden. Im Koprova Tal gibt es noch einen Bestand von 120 Hektar, von dem aus Tannenhäher die Samen über weite Flächen, auch in tieferen Lagen verbreiten. 

Gegen elf verabschieden wir uns und ich steige weiter talaufwärts. Da es laut Erik über der Baumgrenze sehr windig ist, schlage ich vor dem Übergang ins Ticha Tal mein Zelt auf, mit einer dicken Lage grüner Fichtenzweige als Isolation gegen die Schneekälte. In der Nacht ist es stürmisch und schneit, daher starte ich morgens spät und laufe durch das Koprova Tal zurück nach Podbanske, wo ich mich morgen früh mit einem Journalisten treffen möchte. Den ganzen Tag herrschen frostige Temperaturen und es ist dezembergrau. Wann kommt der Frühling zurück?


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